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Bransch

CD-Kritiken

Jazzthetik

Hans-Jürgen Schaal

Das Kunstwort „brunch“ entstand aus „breakfast“ und „lunch“. Aus Breinschmid und Gansch wurde dagegen Bransch. Der Bassist und der Trompeter, die an ihren Instrumenten scheinbar alles können, bilden seit vielen Jahren ein beispielloses Musikanten- und Komödianten-Duo. Als Wiener Jazzkabarett-Team surfen sie so elegant wie albern durch einen musikalischen Elemente-Verschnitt, in den Dixieland, Wiener Klassik, 50er-Jahre-Schlager, Schönberg, Brettl-Humor und vieles mehr eingeflossen sind. Trompeter Thomas Gansch zitiert dabei alle Klischees seines Instruments zwischen Spanien, Blues und Mozart. Bassist Georg Breinschmid liebt noch immer den Siebenvierteltakt und lässt seinen Bass auch einmal die Führungsstimme singen. Natürlich halten die beiden Österreicher auch wieder abgefahrene Songtexte parat, greifen zusätzlich zu Gitarre und Percussion oder pfeifen sich eins. Einige ihrer konzertanten, immer wieder auf Abwege geratenden Duettnummern dauern sogar acht, zehn, zwölf Minuten, ohne dass ein Moment Langeweile aufkäme. Bei Breinschmid & Gansch ist das Komische virtuos und Virtuose komisch.

Jazz'n'more

Angela Ballhorn

Die beiden Musiker haben einen schrägen Humor und das Wortspiel „Bransch“bringt ihren Stil auf den Punkt. Vom ersten Ton an geht es bei den beiden österreichischen Musikern komödiantisch zur Sache. Die CD ist live im Wiener Konzerthaus aufgenommen. Dass hier nur Trompeter (der zudem singt und blitzschnell zur Gitarre wechselt) und Bassist zugange sind, mag man kaum glauben. Kurzweilige Stücke mit rasanten Stimmungswechseln zwischen Polka, Stierkampfmusik, Klassik und absolut dadaesker Komik lassen dem Publikum kaum Zeit zum Verschnaufen. Irrwitzige virtuose Momente stehen neben grossen lyrischen Bögen – Georg Breinschmid und Thomas Gansch akzeptieren offensichtlich keinerlei Grenzen. Die urkomische und trotzdem tiefsinnige CD mit musikalisch komplizierten Abhandlungen zwischen Zwölftonmusik und Dixieland oder ungeraden Metren ist allen empfohlen, die Trompete und Kontrabass sowie Spielwitz lieben und musikalisch über jeden Tellerrand gucken wollen. Und ich habe selten zwei Menschen so schön ergreifend mit gespitzten Lippen pfeifen gehört! Chapeau!

Oberösterreichische Nachrichten

Reinhold Gruber

Duo mit Klasse und Schmäh
Virtuosität sieht man. Wenn man sie auch spürt und wenn sie unterhält, dann ist alles perfekt.
Die Herren Georg Breinschmid und Thomas Gansch haben viele Gemeinsamkeiten. Die Österrreicher beherrschen ihre Instrumente, sind hochvirtuose musikalische Abenteurer, die manchmal die Grenzen des Machbaren ausloten, haben Humor und keinerlei Berührungsängste, was stilistische Ausdrucksformen betrifft. Sie sind Quer- wie Vordenker und haben ihre Freude am Spiel mit dem Anderen, dem Anderssein.

„Bransch“ heißt ihr neues Album, symbolisiert ihre Verbindung, die aus zwei Individuen ein Ganzes macht. Der im Wiener Konzerthaus mitgeschnittene Abend mit Trompete und Kontrabass ist ein lustvolles Miteinander, das musikalisch in Welten vordringt, wo noch nicht so viele Soundkünstler zuvor gewesen sind. Gleichzeitig ist das Programm nah am Leben, weil die beiden Musiker mit ihrer Überdosis Schmäh über praktisch jedes Thema dozieren können und man ihnen amüsiert zuhört – und nach und nach entdeckt, dass ihre Musik einfach nur faszinierend ist.

Jazzpodium

Mit Trompeter Thomas Gansch stand Breinschmid im Oktober 2016 zwei Mal auf der Bühne des Wiener Konzerthauses. Was dort passierte, gehört sicherlich zu den spannendsten Momenten, die zwei Musiker zusammen erzeugen können. Neben der unglaublichen Technik, die vor allem Breinschmid mit seinen abgrundtief groovenden, gezupften und gestrichenen Basslinien vorlegt, ist es die stupende Kreativität, die von den beiden Musikern ausgeht. Sie switchen bruchlos von der Klassik-Paraphrase in die Balkan-Musik, richten den Kompass mal Richtung Jazz, mal Richtung Wienerlied und machen mit ironischer Selbstdistanz deutlich, dass Musik am meisten Authentizität besitzt, wenn der Humor nicht zu kurz kommt.

Kulturzeitschrift Vorarlberg

Peter Füssl

Sie sind die amtierenden Weltmeister in der Kombination aus unglaublicher Virtuosität auf den Instrumenten, dadaistisch angehauchtem Wortwitz und grenzenloser Lust am improvisierten Blödeln. Die Konkurrenz in diesem Bewerb ist zugegebenermaßen eher überschaubar, aber das soll die herzzereißend kreativen Leistungen der beiden keineswegs schmälern. Der Trompeter Thomas Gansch hat ja mit seinen Ensembles Mnozil Brass und Gansch&Roses ja schon Beachtliches zu dieser Sparte beigetragen, und Kontrabassist Georg Breinschmid zählt ohnehin zu den notorischen Rückfalltätern – zuletzt wurde er bekanntlich vor zwei Monaten mit seinem genialen Doppelalbum „Breinländ“ straffällig. Die beiden Brüder im Geiste haben sich natürlich schon länger gefunden, zuletzt dokumentiert auf einer Live-CD aus dem Jahre 2013 und nunmehr eben auf „Bransch“ – beides Mitschnitte von Auftritten im Wiener Konzerthaus und mit entsprechenden Publikumsreaktionen garniert. Der lustvoll alle Genregrenzen sprengende musikalische Reigen startet mit dem schrägen „Schönberg Stomp“, laut Musikern ein Versuch, Zwölftonmusik und Dixieland zu verbinden – und der ist durchaus gelungen. Virtuos-dramatisch mit buchstäblichen Spitzentönen geht es mit „Schnabulescu Bandini“ zur musikalischen Corrida im 7/4-Takt, dem das Duo auch im anschließenden Protestsong gegen den Niedergang der Songwriterkultur „Text und Musik müssen eine Einheit bilden“ frönt. Gepfiffen, gescattet, gesungen und natürlich auch (pseudo)klassisch musiziert wird in Georg Breinschmids „Konzert für Trompete und Kontrabass“ in drei Sätzen, was so schwierig ist, dass der Komponist den Trompeter coram publico in die Materie einweisen muss und einzelne Passagen erst auf der Bühne ihren freilich fachmännisch kommentierten Feinschliff erfahren. Exotisches Flair verströmt „Tirana“, während „Flying“ jazzmäßig flott abhebt und die staunende Hörerschaft zu „Edeltraud“ verfrachtet, einem wortreichen „Protestsong gegen phantasielose Frauennnamen“. Protestiert wird auch mit „Pharmatanz“, einem tiefgründigen, in Cha-Cha-Cha-Form gehaltenen Appell „gegen die Nachwirkungen von Alkoholkonsum und für mehr Medikamente“. Als einziger Fremdkomponist hat es Gioachino Rossini ins Programm geschafft, dessen Ouvertüre zu „Die diebische Elster“ gnadenlos „gebranscht“ – das heißt mit schwindelerregenden Ideen vollgestopft, rhythmischen Spitzfindigkeiten verfeinert und mit Zwischenkommentaren verarscht – an die klassische Vergangenheit von Breinschmid und Gasnsch erinnert. Finden Sie, gute Musik sei eine ernste Angelegenheit? Dann sollten Sie dieses Album meiden wie der Teufel das Weihwasser!

HIFI Records

Sven Thielmann

Achtung, der Genuss von „Bransch“ kann ernsthaft Ihre Kiefer- und Gesichtsmuskulatur gefährden! Weil bei dem von Georg Breinschmid, dem famosen Ex-Wiener-Philharmoniker-Bassisten, und Thomas Gansch, dem Trompeten-Oberhexer von Mnozil Brass, zu höchster Vollendung geformten Spielwitz mal vor Staunen der Mund sperrangelweit offensteht, mal vor lauter Lachen die Gesichtszüge entgleisen. Was einst im Vienna Art Orchestra als kleine Nachtmusik den umjubelten Rausschmeißer bot, ist längst zu ganz großem Kino für Liebhaber völlig ver- und entrückter, zwischen Wiener Schmäh, jazziger Ekstase mit Klassik-Aplomb und dadaistischem Aberwitz schillernder Klangkunst gereift. Die beiden Großmeister des schrägen Humors paaren hier ihre exzellenten technischen Fertigkeiten mit höchster Musikalität. Wofür das von Breinschmid gesungene „Text und Musik müssen eine Einheit bilden“ im 7/4-Takt nur eine Seite ihrer Goldmedaille ist, und die andere eine hochvirtuose Ouvertüre zu „Die diebische Elster“. Ihr Wahnsinn hat Methode: warum ernsthaft, wenn`s auch lustig geht? Weshalb es gar ein Loblied auf „Acetyl, Salicyl..“ gibt – hilft auch gegen verspannte Lachmuskeln nach fabelhaftem „Bransch“.