Feb. 2011
„Brein’s World“, Breinschmid presents a varied collection of 28 pieces that range from odd-metered classical romps to funky soul-jazz and tongue-in-cheek hip-hop. Throughout, Breinschmid`s bass work is magnificent, his astonishingly nimble playing creating a huge pocket with a tone that is thick, focused, and organic. „Brein’s World“ is one that`s certain to humor, amaze, entertain, and inspire.
12/2010
Nicht nur ein bisschen skurril ist die eigenwillig absurde Welt des Georg Breinschmid: Da wienert’s, walzert’s, zigeunert’s, jodelt’s und swingt’s nur so beim „7/8 Landler“, der „Musette“, der „Jacaranda“ und im „Quartier Latin“. lrgendwo im Niemandsland zwischen Jazz und Wienerlied, da wo Polka, Rap, Balkan-Blues und Groove die Saiten des „Jazzeranten-Lexikons“ schlichtweg sprengen, nisten sich Sound und Riffs von Georg Breinschmids Bass in den Gehörgang, schnalzend, singend, erdenschwer und phantasiebeflügelnd, Die Welt der Klassik, aus der er einst entsprungen ist, hat er nicht ganz hinter sich gelassen, spielt mit zartem Schmelz Liszts „Liebestraum“, setzt Bachs Partita E-Dur kurzerhand in 11/16, streift in der Trompetenpolka Johann Strauß‘ Radetzkymarsch und gibt auch dem prämodernen Jazz im „Oldtime hit“ eine reelle Chance. Brein’s World beschreiben zu wollen, sprengt jeden Rahmen, erwähnt seien die anarchischen, wienerisch-dadaistischen, herrlich unkorrekten Texte von „Flugzeugderorist“, „Tschukkn Belle“ und dem „Schnucki von Heanois“. Unter Mittäterschaft vieler beteiligter Freunde wie Sebastian Gürtler, und Thomas Gansch, tp, dem Trio „Brein’s Café“ mit Roman Janoska, und Franz Janoska, p, sowie dem Quartett „classXXX“ mit Daniel Schnyder, ss, Thomas Dobler, vib, und Daniel Pezzotti, cello, u.v.a.m. bastelt sich Georg Breinschmid ein Universum eigener Präferenzen, dessen Eigensinn, -unsinn und Unterhaltungswert mit den zweieinhalb Stunden der Doppelscheibe bei weitem nicht ausgereizt sind.
Best of 2010
Austrian bassist’s delicious followup to last year’s marvelous Wien bleibt Krk. To get a sense of the joie de vivre of Breinschmid’s various groupings, imagine the joys of the Dutch free jazzers Han Bennink and Willem Breuker, Viennese waltzes, Django, and cabaret. Excellent audio as well. (www.acousticlevitation.org)
Brein’s World – Abgedreht
„Crazy Jazz“ hat gerade drei Wochen lang die Play Jazz!-Abende auf NDR Info geprägt – mit „Dirty Dozen“, den zwölf brillantesten Verrücktheiten der Jazz-Geschichte, aber der Wiener Georg Breinschmid toppt sie fast alle. Lange nicht, vielleicht noch nie, hat ein Musiker – zumal einer aus Europa – zwei CD’s, also über zweieinhalb Stunden lang die Lach- und Schmunzel-Muskeln so ununterbrochen gereizt wie der Top-Bassist aus Österreichs Hauptstadt. Von der ersten bis zur letzten Note ist „Brein’s World“, die sehr verrückte Welt des Georg Breinschmid, Vergnügen pur.
Woher das kommt? Warum einer so umstandslos komisch sein kann? Weil er offenkundig keine Grenzen akzeptiert. Breinschmid ist einerseits ein Instrumentalist von ausgewiesenem Talent auf vielen Feldern. Gelernt hat er in den großen Orchestern der klassischen Art. Und gespielt hat der 1973 geborene Breinschmid schon mit Mitte 20 immerhin ein paar Jahre lang bei den Wiener Philharmonikern. Parallel hatte ihn derweil allerdings schon länger auch der Jazz gepackt – und so hat er sehr schnell Orchesterfrack Orchesterfrack sein lassen und eigene Bands gegründet, die allemal einiges und manchmal auch ausschließlich mit Jazz zu tun hatten. Von 1999 an war Breinschmid dann für sieben Jahre obendrein Stamm-Bassist im grandiosen „Vienna Art Orchestra“. Das adelt.
Aber nur Jazz war dann halt auch nie genug – die Schmelztiegel-Sounds der näheren Nachbarschaft hat er mit den Jazz-Klängen vermischt, die Musik der „Tschuschen“ (so nennt der tendenziell rassistische Wiener Volksmund alles Zugewanderte, was nicht österreichisch ausschaut) hat in Breinschmids musikalischer Welt ebenso Platz wie die bedeutendste lokale Musik-Spezialität neben dem Walzer und Johann Strauß: das „Wienerlied“. In „Brein’s World“ wird all das zitiert und montiert, vorurteilslos und in virtuos-frecher, halsbrecherischer Melange.
Wir erinnern uns: Auch der unermüdliche Georg Kreisler, inzwischen weit über 80, kann ziemlich brillant Blues und Jazz spielen. Und die Zusammenarbeit von Andre Heller und Helmut Qualtinger Anfang der 70er-Jahre blieb legendär. Aber seit Friedrich Guldas „Golowin“ – dem „anderen Ich“, das der große Klassik-Pianist mit Jazz-Meriten einst erfand, um obendrein auch noch Chansons in Wiener Mundart zu singen – hat es nicht mehr derart viel Nähe gegeben zwischen den schwarzhumorigen Gstanzeln der Wiener Chanson-Tradition und der musikantischen Meisterschaft eines jazzvernarrten Einzelgängers.
Traumhaft sicher setzt Breinschmid grantige Pointen als „Flugzeugterrorist“ oder „Zwangsdenker“, und für „Schnucki von Heanois“ muss der CD-Player lauter gestellt werden, weil sonst vor lauter Zuhörer-Gelächter der Text nicht mehr verstehbar ist. Kurze Atempause – und schon ist Breinschmid bei Trompetenpolka und Radetzkymarsch und „Fledermaus“ von Johann Strauß, holterdipolter und haltlos durcheinander gequirlt. Anschnallen! Keiner verlässt die CD!
Breinschmid hat einige grandiose Jazz-Gäste dabei: den Trompeter Thomas Gansch vor allem (auch er Teil vom „Vienna Art Orchestra“), dazu den Schweizer Saxofonisten Daniel Schnyder, die Gebrüder Janoska, dazu viele Wiener Größen, die unterschiedlichste instrumentale Mischungen ermöglichen.
Und so reist den Georg Breinschmid denn auch in unterschiedlichsten Besetzungen – gerade war er als Solist in Berlin zu Gast, in „Brein’s Cafe“ hat er nur die Janoska-Brüder dabei, mit Gansch tritt er oft im Duo auf. Ganz viel ganz herrliche Unordnung herrscht in Breins Hirn, singt „Brein“ selber, und ins Jazz-Lexikon wird er mit diesem stilistisch völlig haltlosen Durcheinander auch nicht kommen – sei’s drum.
Stattdessen ist „Brein’s World“ ein kleiner Kosmos aus immer neuen Überraschungen, komisch bis zur Erschöpfung. Abgedreht halt, und sehr crazy … reinhören! Kaufen! Oder bei Play Jazz! auf NDR Info bis 14. Oktober gewinnen.
13.11.2010
Wahnwitzig
Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll: das virtuose Spiel am Bass oder den skurrilen Humor. Der Österreicher Georg Breinschmid verquirlt Salonmusik, Jazz und Wienerlied zu einer atemberaubenden Mischung. Seine unkategorisierbaren Klänge wären aber nur halb so schön ohne die bissigen Texte im herzhaften Wiener Dialekt, den Breinschmid gern durch eigene Wortschöpfungen wie „Utznstrudl“ oder „Bretznbatzn“ bereichert. Das Album ist eine Hommage an seine Heimat Wien. Dort fühlt er sich pudelwohl, auch wenn er sich vor schönen Verehrerinnen kaum retten kann. Sein Stalker-Trauma hat der Musiker in dem wahnwitzigen Rap „Schnuckie von Heanois“ aufgearbeitet. Erlebnisse bei der Airport-Abfertigung wiederum regten ihn zum Lied „Flugzeugderorist“ an. Hier ergeht sich Breinschmid in der Fantasie, mit Deodorant und Clerasil den Flugverkehr lahmzulegen. Der singende Kontrabassist liebt vor allem das Wienerlied, die schunkelnde Tischmusik der Heurigen. Dass dieses Genre offen für moderne Einflüsse ist, beweist er im Computer-Wienerlied, wo er sich im Dreivierteltakt über das „farnetzte“ Leben mit Blackberry, W-Lan und „Memory Schtik“ freut. Meist ist der Musiker mit seinem „Brein’s Café“ zugange, einem Trio mit Geige und Klavier. Hinzu gesellen sich Gastmusiker wie der Trompeter Thomas Gansch, mit dem Breinschmidt schmissige Duos spielt. Vor den drei Zugaben heißt es: „Ma muass aufhean wanns am scheenstn is.“ Schade eigentlich.
Quello che esce dalla testa del contrabbassista austriaco Georg Breinschmid è un effluvio di idee. Che a stento riesce a trattenere perché la sua è un’incontinenza musicale a 360 gradi. Due cd: 28 episodi musicali che gli fanno attraversare di tutto. Non abbandona il suo essenziale background classico („Bach 11/16“) e lo fa dialogare con tutto quello che gli capita a tiro. Negli iniziali „7/8 Landler“ e „Musette #2“ scherza con la cultura tzigana e spinge l’ascoltatore verso una festosità che fonde eleganza e birbanterie assortite. E questi sono colpi che mettono subito in chiaro le intenzioni dell’estroso bassista. Subito però sconvolge i piani: „Jacaranda“ strizza l’occhio divertito al dixieland, mentre „Computer – Wienerlied“ introduce un primo brano cantato in tedesco che non può che rimandare a Kurt Weill. Il successivo „Brein’s Knights“ si affaccia sul folk irlandese. Si continua così, a vista, con grande eclettismo e imprevedibilità a tutto spiano. C’è perfino spazio per lo spoken word stile hip hop („Tschukkn Belle“), il romanticismo mediterraneo di „Quartier Latin“ o le canzoni da taverna („Flugzeugderorist“): il divertimento è assicurato e condito pure con una fischiettata d’altri tempi. Nel secondo CD, Breinschmid ingrana addirittura la marcia e sorprende ancora. L’inizio sommesso e notturno di „Without Me“ è un splendido inganno perché la pulsazione del suo caldo contrabbasso annunciano una „Trompetenpolka/Radetzkymarsch“ che è più di una brillante parafrasi. In „Schnucki von Heanois“ si avvertono rumori stile scratch (creati grazie all’abilità di Thomas Gansch) che rimandano ancora l’ascoltatore verso lidi vicini (e lontani) dalla DJ culture. C’è la possibilità di ascoltare l’affascinante suono delle hang drum (una specie di steel drum di ultima generazione) di Manu Delago („Dream#71“) e per un’altra fischiettata alla Burt Bacharach („Window Serenade“). Insomma, un CD di imprevedibili e gustose sorprese.
11/2010, 16. März 2008
Wer Schmäh, nicht als Restsinnverwertung, sondern als intellektuelle musikalische Kunstform mag, wird um „Brein’s World“ nicht herumkommen. Denn das Doppelalbum des Wiener Bassvirtuosen bietet von Balkan-Swing bis Fiakerlied-Update, vom Austria-Rap bis zur Landler-Verwurstung, von der Bach-Sublimierung bis zum Kammer-Bossa das ganze Programm österreichischen Jazzhumors.
29.9.2010
Die Wiener Philharmoniker oder das Vienna Art Orchestra sind ja nicht die übelsten Lernstuben: Georg Breinschmid, mit allen Kontrabass-Wassern gewaschen, tut also auf zwei CDs seine ganze Welt auf: eine runde Sache mit schrägen Kanten, die mit genialen Mitstreitern zwischen Radetzkymarsch, Jazz und (Computer-)Wienerlied changiert. Köstlich!
15. Dez. 2010
Der Ländler groovt, die Alpen swingen
Festhalten. Er hat wieder zugeschlagen, der Breinschmid, Georg aus Wien. Der Mann, der einen der groovendsten Holzbässe auf diesem Erdball spielt. Aber nicht nur das. Breinschmid hat bisher seine Duftmarken von stupender Virtuosität bei so unterschiedlichen Musikanbietern wie den Wiener Philharmonikern und dem Vienna Art Orchestra hinterlassen, und ganz wichtig: Er hat vor allem den Schalk im Nacken und den Humor zwischen die dicken Saiten gezurrt. Auf „Brein’s World“, seinem neuesten Streich, hat er sich nun zwei prall gefüllte CDs reserviert, um diese Fähigkeiten mit höchster musikalischer Intensität zu transportieren. „Brein’s World“ ist ein genialischer Stilmix, der zwischen Jazz, Klassik, Wienerlied, Alpenmelodien und Balkan-Sounds irrlichtert. In verschiedensten Formationen – vom hitzigen Duo mit Trompete über ein folkloristisch geprägtes Trio mit Violine und Piano bis hin zur jazzigen Quartett-Besetzung zieht Georg Breinschmid alle Register seiner musikalischen Prägungen. Der Österreicher verpasst dabei dem Ländler Groove-Dimensionen, huldigt der Musette mit ironisierendem Schmelz, zeigt, was mit Franz Liszts “ Liebestraum“ geschieht, wenn man jazzig phrasieren kann und die klassische Schule durchwandert hat. Er wandelt auf zeitgenössischen Jazz-Pfaden und gibt sich immer mal wieder der Lied-Tradition seiner Heimatstadt hin – schräg, schrill und kauzig, irgendwo zwischen interpretatorischer Raffinesse, klanglicher Delikatesse und alpiner Anarchie. Als Klammer dieses satten Crossover-Festes fungieren die vier dicken Saiten von Breinschmids Bass. Der verströmt einen wunderschönen warmen Ton, gibt das Exerzierfeld für eine atemberaubende Fingerfertigkeit und musikalisch unbegrenzte Ausdruckskraft. Wer’s nicht hören will, ist schlichtweg selbst schuld.
At times goofy, at times inventive, full of classical music references, waltzing Old Viennese songs, gypsy music, jazz, blues, folk and even rap, this immense double CD release from bassist Georg Breinshmid is a maddening, yet ultimately rewarding journey through the mind of the Austrian classical/jazz double bassist. With bizarre artwork and liner notes running in all directions in at least two languages (not to mention a running time totaling more than 150 minutes) , the recording is a reviewer’s nightmare. I admit that after hearing the first two tracks, which are performed with his Alpine folk music trio Brein’s Cafe, I wasn’t sure what I was hearing and put what I thought was another gypsy jazz recording aside. The opening track („7/8 Landler“) sounds like a slap happy Slam Stewart meeting Django and Stephane’s Hot Club, in 7, mind you, while „Musette #2“ would make Johann Strauss proud. Things get nutty on „Jacaranda“ – a duet with trumpeter Thomas Gansch with a bit of a New Orleans flavor and excellent improvisation. As he shows here and throughout, the bassist was a highly-trained classical musician before jumping in to jazz with his technique fully intact. But just when you are getting somewhat settled, Breinschmid sets down his bass and sings in German in a childlike duet with pianist Frantisek Janoska, which espouses the joys of computers and email, I think (I’m really not making this up). This strange landscape continues with the funky (with celtic fiddle and impressive bass solo) „Brein’s Knights,“ the Brazilian-flavored „Quartier Latin,“ Franz Liszt’s „Liebestraum,“ and another track with Brein singing and whistling along to accordion and mandolin on a truly wacky song about being an airplane terrorist who uses his bathroom supplies (shampoo and lotion) to kill („Flugzeugderorist“). But all is not unserious, „Intermezzo“ again finds the bassist in a jazzy duet with Gansch on flugelhorn, while „5/4“ and „Bach 11/16“ are lovely classical-influenced pieces. The rapping, shrieking, belching and kazoo of Erni M on „Tschukkn Belle“ should by now come as no surprise and we aren’t even finished with the first disc – there is another full blown waltz and a track with Brein whistling to a plucked chordal accompaniment on a bass guitar. Are you getting the idea yet? Yes the man is insane, but in a good way. The second CD is more of the same, with the the lovely „Without Me“ (with Thomas Vobler on vibes and Daniel Schnyder’s soprano sax), the silly voice rap on the groove heavy „Schnucki von Heanois“ (about an unstoppable stalker girlfriend) that will have you in stitches, the ’60s-flavored „Oldtime Hit“ (that will have you doing the frug or watusi), a 5/4 blues („Blues Five“) and plenty more silly singing, whistling, funky grooves and old school waltzes and gypsy touches to keep a listener quite amused. And watch for the false ending on the last song that leads to some crude commentary that ends this crazy recording well.
Jan. 2011
Was hier aus Breinschmids Schuppen daherrollt, überwältigt in vielerlei Hinsicht. Im vertrauten Kreis wird der spinnerte Bastler liebevoll „Wunderwuzzi“ gerufen, und das trifft den Nagel schon ziemlich auf den Kopf. In ihm vereinen sich ein introvertierter Spinnerter und ein begnadeter Kollektionneur allerlei Fundguts. Auf zwei vollbepackten CDs – geschmückt mit zwei schön gestalteten Booklets – präsentiert er hier einen Blick in seine eigenbrötlerische Werkstatt. Geboten wird eine eklektische Auswahl unmöglich geglaubter Basteleien, Stilvariationen, mit denen Breinschmid Diversität zu seinem alles umfassenden Markenzeichen erhebt. In diesen „Wiener Miniaturen“ kommt es vor, dass ein beschwingter Dreiviertel zum bluesigen Klimpersolo mutiert, dass ein gezupfter Samba die Brücke zu alpinem Folk schlägt und damit den Pfad für ein bitterböses Chanson im breitesten Wiener Schmäh bereitet („Ich bin ein Flugzeug…Terrorist – und plan grad an Anschlag mit Mentadent C“). Breinschmid ist virtuoser Bricoleur, ein Multitalent mit vielen jederlei Grenzen sprengenden Hirngespinsten.
Der Bassist Georg Breinschmid präsentiert am Dienstag im Porgy & Bess seine neue CD „Brein’s World“
Kürzlich noch füllten die Namen der Bands, die sich der Mitarbeit Georg Breinschmids versicherten, lange Listen. Mittlerweile kommt der Bassist selbst ins Grübeln, wenn er an Engagements als ständiger Sideman denkt. Außer dem Christian-Muthspiel-Trio ist nicht viel geblieben: Ja, der Bassist, der 1998 dem Dasein als beamteter Orchestermusiker bei den Wiener Philharmonikern Ade sagte und sich für den Jazz entschied, hat sich in den letzten Jahren ein zweites Mal musikalisch emanzipiert. Ausdruck der zunehmenden Umtriebigkeit in eigener Sache ist – nachdem der 37-Jährige heuer bereits die Doppel-DVD Live vorgelegt hat – die neue Doppel-CD Brein’s World (Preiser Records): Der Bassist stellt sich in illustrer Freundeschar vor, im Duo mit Trompeter Thomas Gansch, im Quartett XXXClass mit Saxofonist Daniel Schnyder, vor allem aber im Trio Brein’s Café, mit Violinist Roman und Pianist Frantisek Janoska. Breinschmid: „Die Janoska-Brüder und mich verbindet der gemeinsame Background: Wir haben eine klassische Musikausbildung, im Jazz sind wir Autodidakten. Roman und Frantisek sind Roma aus Bratislava, sie kommen zudem aus dieser ungarischen Gypsy-Tradition, zu der ich große Affinität empfinde. Es ist ein Treffen verwandter Seelen!“ Also stimmt der Bassist mit seinen Kollegen freigeistige Musette-Walzer, „7/8-Landler“ und „Todespolkas“ an. Und auch das „Schnucki von Heanois“ hat auf der CD seinen Auftritt: Georg Breinschmid tritt als Sprechsänger eigener Wienerlieder in Aktion.
Ein Heidenspaß am Bass und ein wunderbares Klanguniversum aus Klassik, Jazz und Wienerlied – crazy und voller Überraschungen: vielseitig, virtuos und humorig.
„Ma muass aufhean, wanns am scheenstn is“, trällert der zugereiste Parade-Wiener Georg Breinschmid kurz vor Ende des Zweieinhalbstundenmarathons locker in die swingende Klavierbegleitung: „I dad sogn, moch ned zwaa CDs / Wöi sonst wean die Leud beim Onhörn bees / Noch dazu mit Wiiieeener Lied und Jeeeez“. Aber das ist grienende Koketterie im vollen Bewusstsein dessen, dass dem keineswegs so ist! Obwohl in der Tat ein Großteil dieses aus allen Nähten platzenden Füllhorns musikalischer Kompetenz und schöpferischer Energie neben einigen Eckpfeilern der Klassik der Jazz einiger Couleur ist – ziemlich groovig zumeist, jedenfalls nicht von der Sorte, die am liebsten nur dekonstruiert ohne wieder zusammenzusetzen. Auch dann aber birst die Musik des Kontrabassisten aus Amstetten in Niederösterreich in der Regel nur so vor Elementen aus sämtlichen Genres, mit denen sich der Folker schwerpunktmäßig beschäftigt: viel volksmusikalisches Brauchtum, Ländler, Polka, Jodler; Einflüsse, speziell rhythmisch dringliche, aus aller Welt; ziemlich böse Lieder. Nicht bitterböse – der Eindruck ist bei der hemmungslosen Mundart wohl vor allem der Affekt von uns Piefkes -, aber doch recht böse. Wenn auch liebevoll. Und ordentlich verblödelt – auf ebenso geistreiche wie sympathische Weise: Ärger mit dem GPS und dem Computer – wer bei derartigen Tücken des Alltags auf Bierernst hofft statt auf den enormen anarchischen Spielwitz Breinschmids, muss wohl ein hoffnungslos freudloses Leben fristen da draußen. Wie heißt eine Nummer Richtung „Cantaloupe Island“ in diesem Geiste ganz entspannt ohne großes Theater? „Oldtime Hit“. Ein großes lakonisches Vergnügen! Und kein geringeres musikalisches Abenteuer.
Die wunderbare Welt des Georg Breinschmid – jetzt auf einem Doppelalbum
„Mit Bedauern nehme ich zur Kenntnis, dass meine aktuelle CD-Produktion (…) leider wieder nicht (wie bereits das letzte Album „Wien bleibt Krk, 2008, Anm. der Red.) von Dir gefördert wird – mit Bedauern und ziemlichem Unverständnis“, schreibt der Bassist und Komponist Georg Breinschmid an den Österreichischen Musikfonds in einem offenen Brief, welcher im genauen Wortlaut auf der Webpage des Künstlers zu finden ist. Das Bedauern und Unverständnis werden wohl die meisten Menschen, die Georg Breinschmid und seine Musik kennen oder durch das aktuelle Doppelalbum vielleicht erst kennen lernen, teilen. Auf der neuen, bei Preiser Records erschienenen Produktion mit dem Titel „Brein’s World“ tut sich jedenfalls ein fast unendlich scheinender musikalischer Kosmos eines erfrischen unangepassten Musikers auf.
So bunt wie das Programm ist auch die Besetzung. Breinschmid präsentiert verschiedenste Bandprojekte und Musiker, mit denen er in letzter Zeit die vielen Facetten seiner kompositorischen und spielerischen Kreativität ausleben konnte. Eines seiner momentan wichtigsten Projekte nennt sich Brein’s Café, welchem hier entsprechend breiter Raum gewidmet wird. Gemeinsam mit den beiden aus Bratislava stammenden Brüdern Frantisek (am Klavier) und Roman (an der Violine) Janoska definiert Breinschmid Begriffe wie Balkan, Gipsy, Swing und Wienerlied neu. Bei Stücken wie dem „7/8 Landler“, „Musette #2“ oder der Neuinterpretation von Franz Liszts „Liebestraum“ spürt man den Esprit von drei Musikern, denen das „klassische“ Korsett zu eng geworden ist und aus denen die improvisatorischen Ideen nur so heraussprudeln. Ebenfalls im Bereich zwischen Klassik und Jazz spielt sich die musikalische Welt des schweizerisch-österreichischen Quartetts classXXX mit Daniel Schnyder (Sopransaxofon), Thomas Dobler (Vibrafon) und Daniel Pezzotti (Violoncello) ab, welches mit drei Nummern vertreten ist. Erwähnenswert auf alle Fälle auch das 11/16-Arrangement des ersten Satzes von Johann Sebastian Bachs E-Dur-Partita für Violine mit dem Geiger Sebastian Gürtler. Nicht weniger virtuos geht`s her, wenn Breinschmid seinen kongenialen Duopartner, den Trompeter Thomas Gansch, zum Spiel bittet. Die aberwitzigen Wendungen im Stück „Trompetenpolka/Radetzkymarsch“ seien nur beispielhaft erwähnt. Tritt Breinschmid als Sänger in Erscheinung, spätestens dann hält der „Hamour“ unaufhaltsam Einzug, etwa wenn er mit Inbrunst sein“Computer-Wienerlied“ vorträgt, die „Todespolka“ anstimmt, die bissige Wienerlied-Satire „Urlaub am Giatl“ zum Besten gibt oder sich als „Flugzeugderorist“ outet. In „Ma muass aufhean wanns am scheenstn is“ wagt sich der zweifache Hans Koller-Preisträger sogar ans Scatten. Soul-Jazz vom Feinsten („Oldtime Hit“) zelebriert Breinschmid mit seinem Sextett bestehend aus Clemens Salesny (Saxofon), Horst-Michael Schaffer (Trompete), Robert Bachner (Posaune), Clemens Wenger (Klavier) und Christian Salfellner (Schlagzeug). Breinschmid kommentiert – wie er es live zum Amüsement des Publikums auch gerne macht – im Booklet die einzelnen Stücke. Die Songtexte sind ebenso abgedruckt. So auch der in Rap-Form erzählte Stalking-Albtraum eines jeden Mannes „Schnucki von Heanois“.
Was kann man als Musikkonsument angesichts dieser unverständlichen Förderpolitik des Österreichischen Musikfonds tun? Alben kaufen, Konzerte besuchen – Breinschmid live: immer eine unvergleichliche Erfahrung. Man könnte aber diesem Verein zur „Förderung professioneller österreichischer Musikproduktionen“ seine persönliche Meinung auch direkt mitteilen (zum Beispiel per E-Mail: office@musikfonds.at). An Georg Breinschmid: „Bitte nicht aufhören, auch wenn`s jetzt vielleicht am schönsten ist!“
Zumindest zwei deutschsprachige Alben aus Österreich sollten ebenfalls erwähnt werden. Der Kontrabassist und Sänger Georg Breinschmid – er begann seine Karriere bei den Wiener Philharmonikern, wechselte danach zum Jazz und war für einige Jahre Stammbassist beim Vienna Art Orchestra – beweist auf dem Doppel-Album „Brein’s World“ (2010), dass World, Jazz, Pop, Wienerlied, Soul und Klassik sehr wohl unter einen Hut passen und heimst dafür viel überschwängliche Kritik ein – auch aus dem nicht-deutschsprachigen Raum. So schrieb z.B. Frank Alkyer im weltweit führenden Jazz-Magazin Downbeat: »[…] every time you smile or even laugh out loud, the next moment you’ll be thinking about the incredible musicianship on the record. A perfect example is „Brein’s Knights“. Breinschmid lays down a funky bass line to kick off the tune. Frantisek Janoska joins in on piano. But when violinist Roman Janoska plays the melody, it sounds like an Irish folk song… with a funky backbeat.« Dem kann ich nur zustimmen. Alleine Kompositionen wie „Oldtime Hit“, die er in allerbester Soul-Jazz-Manier rausschüttelt, machen jeden Jazzeranten mit Weitblick glücklich. Darüber hinaus erquickt er uns mit intuitiven und jedenfalls immer gefühlsechten großen Melodien, und mit „Schnucki von Heanois“ gelang ihm sogar ein wahnwitziger Rap in atemberaubendem Tempo. Das Sampling wird dabei ersetzt von Kontrabass und Trompete, gerappt wird auf wienerisch, was auch dem Downbeat-Rezensenten auffiel: »The only thing missing is an English translation of some of the songs Breinschmid sings. They sound great in German, but I guarantee they’d be hysterical if only I could speak the language! No matter, Breinschmid’s music has universal appeal.« Dieses Doppel-Album jedenfalls bietet, schlussfolgernd, mehrere Ansatzmöglichkeiten zur Rezeption: Es steht für eine Generation von Musikern, die aus dem übervollen Vorrat der Musikgeschichte schöpfen (können) und es steht gleichzeitig für eine Generation von Musikern, die sich selbst finanzieren und vermarkten (müssen), also frei agieren (dürfen). Im besten Fall (wie auf „Brein’s World“) klingt dann die Musik von allen Grenzen und Einschränkungen befreit.
11-12 2010
Zurück zum Herbst. Wenn der November der Monat von Abschied und Morbidität ist, darf natürlich die Stadt Wien nicht unerwähnt bleiben. Dort lebt Georg Breinschmid, der seiner neuen CD einen Titel gegeben hat, der treffender gar nicht sein könnte: Auf „Brein’s World“ entfaltet der Kontrabassist und Sänger tatsächlich seine ganze musikalische Welt vor dem Zuhörer. Und die ist ebenso riesig wie sonderbar. Breinschmid zeigt in verschiedenen Formationen seine fast unüberschaubare Stilpalette. Ob Kaffeehaus, Jazzclub, Heuriger, Kammermusiksaal oder Kleinkunstbühne – er hat für alle Gelegenheiten die passenden Stücke und Bands parat. Nicht nur in seinen modernen Wienerliedern beweist er Humor und Eigensinn. Bezeichnend ist der Einfall, am Ende der zweiten CD in „Ma muass aufhean wanns am scheenstn is“ darüber zu sinnieren, ob eine Doppel-CD mit über zweieinhalb Stunden Spielzeit nicht völlig übertrieben ist – und anschließend ungerührt noch drei Bonustitel (darunter die „Todespolka“) und einen Hidden Track folgen zu lassen.
„I tat sagn moch ned zwaa CDs/ weu sonst wern die Leit beim Anhean bees/nu dazua mit Wienerlied und Jazz/zur Relase-Party do wird kana kumman/du mochst Schualdn und wirst vielleicht fahungan…“ So singt Georg Breinschmid auf seiner neuesten Veröffentlichung „Brein´s World“ – und hat gemeinsam mit der Formation Breins Café und zahlreichen Gästen doch „zwaa CDs“ gemacht und eine Release-Party angesetzt. Am 21. September präsentiert der Wiener Bassist, Sänger und Komponist im Porgy „Brein´s World“, eine CD, an deren Einordnung man nur scheitern kann. Höchst amüsanter Wiener Rap in „Schnucki von Heanois“ wechselt mit langsamem Walzer, der von Wienerlied-Touch nahtlos ins Jazzige übergeht. Auch die alpenländisch-volkstümliche Musik hat Abdrücke in Breinschmids Musik hinterlassen, ebenso der Soul. Mal spielt er Trompetenpolka, dann wieder Liszts „Liebestraum“ und Bach im 11/16-Takt. Oft detailverliebt und introvertiert, dann wieder draufgängerisch und höchst witzig mit seinen skurrilen Texten: Vielfalt ist „Brein´s“ Devise, abwechslungsreicher kann eine CD kaum sein – und wird bestimmt auch der Abend im Porgy werden.
Georg Breinschmid is a madman; a genius madman, but a madman just the same. „Schnucki von Heanois“ is a Yiddish Rap and is not even the subject of this piece. Breinschmid’s brand of music is a bit hard to describe, but here goes. The bassist takes whatever musical tradition striking him at the time and infuses it with such a potent Eastern European spirit that it’s impossible to know if you should dance a polka or a bluegrass jig.
Breinschmid and trumpeter Thomas Gansch take on the Johann Strauss tradition in their duet, „Trompetenpolka/Radetzkymarsch.“ The two musicians are so cheeky that they willfully interpolate jazz standards like „Cherokee“ directly into the medley. A grand sense of humor characterizes the playing, making the pair sound a bit like what street musicians would sound like in a Jewish New Orleans French Quarter.
A small taste, sure, but Brein’s World may be the most inventive release of the year.
The return of Wunderwuzzi
Ein Wanderer zwischen den Welten mit einem abendfüllenden Doppelpack, das seine Liebe zum Leben und zur Musik unter Beweis stellt. Jazz und Wienerlied und noch viel mehr.
Georg Breinschmid studierte Kontrabass und schlug eine im wahrsten Sinne des Wortes „klassische“ Karriere ein. Doch die geordnete, bürokratische-konservative Welt der Philharmonie ist für „vielsaitig“ interessierte Individualisten vermutlich dauerhaft schwer zu verkraften. Einer Abkehr von der reinen Klassik folgte das Eintauchen in die Welt des Jazz (u.a. Vienna Art Orchestra) und das Treffen auf Genregrößen wie Archie Shepp. Doch wie das Cover schön verdeutlicht gibt es jede Menge weiterer Einflüsse, die in Brein´s Welt eine Rolle spielen. Unter anderem finden sich in seinem Hirn auch die Areale Wienerlied, Folk, Balkan, Rock oder Kabarett. Ob die Assoziationskette Wayne´s World (Musikklamotte aus den 90ern) – Brain´s World – Brein´s World gewollt ist, weiß ich nicht. Falls ja, wäre es interessant ob eher deshalb, weil der Wiener Brain wie Brein ausspricht oder weil amerikanische Kollegen von Wunderwuzzi (so sein Spitzname) seinen Nachnamen Brein umgekehrt wie Brain aussprechen!
Vom Kaffeehaus in die Welt hinaus
Brein verbindet also auf seinen Solowerken Jazz mit Wienerlied, alpenländische Traditionen mit Rap oder Blues. So groß die Welt der Musik auch sein mag, eine Stärke Breins ist es, bei seinem Brückenschlag zwischen diversen Stilen regionale Codes nicht zu vernachlässigen. Seine Stücke bleiben immer geprägt von einer unverstellt eigenen Art und einem mehr oder weniger subtilen Humor, den Genrepuristen vielleicht nicht unbedingt als Beiwerk zu instrumentaler Perfektion erwarten. Auf den beiden bis zum Bersten vollen CDs kommt am häufigsten sein Hauptprojekt „Brein´s Cafe“ mit den Brüdern Janoska aus Bratislava zum Zuge, verstärkt durch Trompeten-Spezi Thomas Gansch.
Sie bringen frischen Wind in den Radetzkymarsch, beschleunigen den Jazz in den fünften Gang bzw. in den 5/4 Takt und lassen in einer Stalking-Story mit Schmäh das „Schnucki von Heanois“ von der Leine. Neben dieser Kaffeehaus-Stammbesetzung spielt Brein auch in diversen anderen Konstellationen mit versierten Musikern zusammen. Und springt dabei vom Soul-Jazz zum eher selten ausgeleuchteten Hinterhof zwischen Klassik, Jazz und Wienerlied. Diese Nische jenseits der Vorzeigefronten ist natürlich getränkt vom Wiener Charme, beweist aber gleichzeitig eine musikalische und textliche Offenheit, die den Gedanken an Provinzialität erst gar nicht aufkommen lässt.
Vielmehr ist es ein gleichzeitig kritischer wie liebevoll-sentimentaler Blick auf die Heimat, der eine Verbundenheit mit der Welt erst ermöglicht. Das Oszillieren zwischen Weggehen und Dableiben, zwischen Früher und Jetzt, Diesseits und Jenseits zeigt sich vortrefflich im „Computer-Wienerlied.“ Den Zeitgeist zwischen Panik und Verblödung thematisiert der „Flugzeugderorist“, in dem der „Fundamentalkatholik“ einen Anschlag mit „Mentadent C“ plant. Beim vermeintlich letzten Stück, sinnhafter Weise „Ma muass aufhean wanns am scheenstn is! betitelt, zeigt sich Brein´s Verschränkung von philosophischer Einsicht und liebevoller Eigensinnigkeit. Er lässt nämlich drei Bonus-Tracks folgen, um auch noch die 150-Minutengrenze zu sprengen. Die beiden Booklets sind mit Texten, Illustrationen und persönlichen Kommentaren derart gespickt, das bei allem Umfang doch eher kleine Schriftgrößen zum Einsatz kommen mussten. Brein, da brauchsd a Bruin! Egal, hier ist der Kunde und Hörer in jeglicher Hinsicht König!